Shakespeares Drama um den schottischen Edelmann, dessen Streben nach Macht so groß ist, dass er auch vor mehrfachem Mord nicht zurückschreckt, ist millionenfach gespielt und interpretiert worden. Im Deutschen Theater gibt es nun eine zugleich moderne Inszenierung von Tilmann Köhler zu sehen, die den Zuschauer heraus- aber nie überfordert.
Das Bühnenbild (Karoly Risz) ist ein sich nach hinten verjüngender Holzkasten, ein langgezogener Raum der durch eine optische Täuschung beinahe unendlich tief wirkt. Als Requisiten kommen lediglich einige Kleidungsstücke und zwei Dolche zum Einsatz. Die Tafel in Macbeths Speisezimmer, an der er den Geist des ermordeten Banquo sitzen sieht, sucht man vergeblich. Lichteffekte sorgen für Atmosphäre. Besonders die menschlichen Schatten, die in der Schlafwandelszene um Lady Macbeth and den Wänden auftauchen, sind hier erwähnenswert, verleihen sie der Szene doch den nötigen Gruselfaktor.
Es gibt wenig Knalleffekte im Stück. Krach gibt es allerdings genug. Schon wenn sich zu Anfang König Duncan (Matthias Neukirch) und seine Gefolgsleute über die Bühne vom hinteren Teil der Bühne nach vorne bewegen und sich dabei wie in einem Ringkampf umeinander winden, kommen immer wieder Schläge auf die hölzernen Wände und den Boden zum Einsatz. Das ganze Bühnenbild ist Resonanzkörper einer riesigen Trommel. Auch die Musik von Jörg-Martin Wagner greift diese Schlagrhythmen auf.
Die Kostüme (Susanne Uhl) sind eher schlicht gewählt. Die Hexen treten ausnahmslos in weißer Unterwäsche auf. Banquo (Felix Goeser) und Macbeth (Ulrich Matthes) tragen zunächst ähnliche Uniformen (dunkle Hosen und khakifarbene Jacken). Als Macbeth den König ermordet und selbst den ledernen Herrschermantel überstreift, wird so auch optisch der Konflikt klar, der sich zwischen den beiden alten Freunden entspinnt.
Da in der aktuellen Produktion am Deutschen Theater sieben Schauspieler mehr als zwanzig Rollen auszufüllen haben, werden die einzelnen Figuren durch auffallende Accessoires identifiziert. So trägt beispielsweise Timo Weisschnur als Rosse nur eine schwarze Pluderhose, in seiner Rolle als Banquos Sohn zusätzlich eine gestreifte Zipfelmütze.
Nicht alle Regieeinfälle zünden auf Anhieb. Das Gerangel am Anfang hätte kürzer ausfallen können. Die zweite Hexenszene ist ebenfalls etwas wirr geraten. Gut gelungen sind besonders jene Szenen, in denen auf jegliches effekthascherisches Geschrei und Gehämmer verzichtet wurde und der Fokus allein auf dem Schauspiel liegt. Matthes spielt hervorragend, zeigt die Entwicklung des Macbeth vom zweifelnden Verführten bis hin zum machtbesessenen Herrscher schon allein durch Gestik und Mimik. Neben ihm wirkt Maren Eggert als Lady Macbeth hin und wieder etwas blass, was vor allem durch die seltsame Betonung der Satzenden hervorgerufen wird, die einige Passagen heruntergeleiert klingen lassen. In anderen Momenten ist sie ihrem Spielpartner durchaus ebenbürtig und kreiert eine emanzipierte, starke Lady Macbeth, die ihrem Mann an Skrupellosigkeit weit überlegen ist.
Besonders gelungen ist auch die Szene zwischen Macduff (Ellas Arens) und Prinz Malcolm (Thorsten Hierse). Hierse glänzt sowohl in seiner Rolle als Thronfolger als auch in der von Macduffs zurückgelassener Frau mit starkem Ausdruck und Sinn für Humor.
Insgesamt liefert das Ensemble am Deutschen Theater in “Macbeth” eine gute bis sehr gute Leistung ab. Dass der Barde sich schlecht übersetzen lässt, ist bekannt. Auch “Macbeth” (Deutsch von Dorothea Tieck) bildet da keine Ausnahme. Die etwas hölzerne, teilweise arg konstruierte Sprache die aus diesen Übersetzungen resultiert, mit Leben zu füllen ist eine Kunst, die hier in beinahe jeder Minute gelingt. Wer zusätzlich die Experimentierfreudigkeit des Regietheaters mag, ist hier genau richtig.
Text: Julia Weber