08.01.2012
ABBA haben Musikgeschichte geschrieben, und die schmissigen, eingängigen Songs begeistern bis heute Alt und Jung und haben – dank diverser Tribute-Shows und des berühmten ABBA-Musicals „Mamma Mia!“ –
nichts an Popularität eingebüßt. Die ABBA-Story „Thank you for the Music“, die im Rahmen der Tribute-Reihe „Stars in Concert“ bereits seit 2003 nicht nur im Estrel Festival Center in Berlin, sondern auf der ganzen Welt Erfolge feiert, verneigt sich in einem abendfüllenden Programm vor der Popgruppe der 1970er Jahre.
Von der ersten Single „People need Love“ im Jahre 1972 über den Grand Prix Erfolg „Waterloo“ bis zur letzten Plattenaufnahme „Under Attack“, die 1982 kurz vor der Trennung der Band erschien, reiht sich ABBA-Hit an ABBA-Hit mit einer kurzen Exkursion in die musikalische Welt der größten Grand-Prix-Rivalin Olivia Newton John und zu den Beach Boys, deren Sound ABBA-Gründer Benny beim Komponieren inspirierte.
Gespielt werden die vier Mitglieder der schwedischen Popgruppe von Rachel Hiew (Agnetha), Theresa Pitt (Anni-Frid), Robin Scott (Benny) und Jule Dodd (Björn), die in liebevoll bis ins Detail originalgetreu nachgeschneiderten Kostümen auf der Bühne stehen. Was der Zuschauer hört, wenn er die Augen schließt? Er hört ABBA – dank einer hervorragenden Leistung des Björn-Covers an der Gitarre, des Benny-Covers am Keyboard und den beiden beinahe unsichtbar im Hintergrund an Bass und Schlagzeug agierenden Musikern, genau wie er sie immer gehört hat, genauso, wie sie klingen sollen. Und das live, 30 Jahre nachdem die Band auseinanderbrach. Und die Illusion geht noch weiter. Besonders Rachel Hiew und Jule Dodd überzeugen in ihren jeweiligen Rollen als Agnetha und Björn, während Theresa Pitt als Anni-Frid ein wundervolles originalgetreues „Fernando“ singt. Dazu gibt es Szenen aus den Musikvideos der Band, Schwarzweißfotos und Konzertmitschnitte auf links und rechts neben der Bühne angebrachten Bildschirmen zu sehen.
Der erste Teil der Show erzählt nach einem als Ouvertüre fungierenden Medley (unter anderem „Gimme Gimme Gimme“ und „Ring Ring“) vom Aufstieg der Band, fokussiert sich insbesondere auf den Grand Prix 1974, als die Außenseiter aus Schweden überraschend den ersten Platz errangen. Produzent Bernhard Kurz, verantwortlich für die gesamte „Stars in Concert“-Reihe, setzt auf Infotainment – und genau dies gibt den einzigen wirklichen Anlass zu Kritik. Diejenigen, die kommen, um sich diese Show
anzusehen, sind ABBA-Veteranen oder zumindest mit der Musik und der Geschichte der Band einigermaßen vertraut. Die Idee, die Darsteller Songs aus den Prä-ABBA-Karrieren der Bandmitglieder ansingen zu lassen, ist nett. Doch der Versuch, das Ganze in ein Interview während der Grand-Prix-Generalprobe zu verpacken, wirkt etwas bemüht. Zudem zieht sich diese Szene durch die Übersetzungen vom Englischen ins Deutsche in die Länge. Die Stimmung im Saal ist eindeutig: Anscheinend warten alle auf die Musik.
Und als diese kommt, schafft das Ensemble von „Thank you for the Music“ innerhalb weniger Takte des Grand-Prix-Siegersongs „Waterloo“ genau das, was ABBA ebenfalls immer geschafft haben: Sie reißen das Publikum mit, erreichen sogar, dass der eine oder andere bei „Honey Honey“ – noch verhalten – mitsingt, und entlassen die Zuschauer mit „I Do, I Do, I Do, I Do, I Do“ und „S.O.S.“ in die Pause.
Der zweite Teil ist gespickt mit Evergreens und Ohrwürmern, dem großen ABBA-Sound und weniger Info- als Entertainment, was dem Tempo und der allgemeinen Stimmung gut tut. Spätestens als bei „I have a Dream“ einige der Anwesenden zu Feuerzeugen oder – in Ermangelung dieser – nach auf den Tischen stehenden Teelichtern greifen, um diese andächtig zu schwenken, und im Chor den Refrain mitsingen, wird klar: „Thank you for the Music“ hat das Publikum erobert.
Das Ende der Geschichte um ABBA, das Ende der Tourneen, die Trennung der beiden Paare, wird in wenigen Sätzen erzählt. An dieser Stelle hätte das weit früher im Programm auftauchende „Knowing me, knowing you“ ins Konzept des Infotainments wohl besser gepasst als das stattdessen gewählte „Take a Chance on me“. Doch die Spielfreude des Ensembles macht diesen Schnitzer um ein Vielfaches wett, und das Publikum lässt sich nicht zweimal auffordern, aufzustehen und zu „Voulez Vous“, „Lay all your Love on me“ und „Does your Mother know“ zu tanzen. Am Ende dreier Zugaben gibt es stehende Ovationen – zu Recht.
Text: Julia Weber