Georg Kreisler schuf zu Lebzeiten eine Unmenge satirischer Musikstücke. Seine Witwe Barbara Kreisler-Peters und Ilja Richter bringen nun gemeinsam mit Pianisten Sherri Jones “Liebeslieder am Ultimo” auf die Bühne des Schlosspark Theaters: Lieder über Liebe, von zärtlich bis bitterböse, von sarkastisch bis utopisch.
Eigentlich war es ganz anders geplant. Über Jahre hinweg wollte Georg Kreisler ein gemeinsames Programm mit Ilja Richter auf die Bühne stellen. Dazu kam es leider nie. Erst jetzt, vier Jahre nach Kreislers Tod, verneigt sich Richter gemeinsam mit dessen Witwe Barbara Kreisler-Peters auf besondere Weise vor dem Komponisten. Die Beiden haben die 1977 erschienene LP “Liebeslieder am Ultimo” entstaubt und um weitere Programmpunkte aus Kreislers Repertoire erweitert. Das Ergebnis ist ein amüsanter, manchmal nachdenklicher Abend.
Sowohl Richter als auch Kreisler-Peters sind im Herzen Komödianten und so singen sie die Stücke nicht nur, sondern geben auch jeder der auftauchenden Figuren einen eigenen Charakter. Richter erntet die ersten Lacher mit seiner fulminanten Darstellung in “Sie ist ein herrliches Weib”. Bei vielen von Kreislers Werken – wie etwa dem von Kreisler-Peters vorgetragenen Gedicht „Als wir noch dünner waren“ – fällt auf, wie zeitlos deren Texte sind.
Lediglich die Anspielungen auf den Kalten Krieg erscheinen leicht antiquiert. So kommentiert Richter dann auch augenzwinkernd den Text von “Zwei alte Tanten” (In der Bundeshauptstadt Bonn am Rhein fürchtet sich der Kommunist. Sollt‘ man etwas weiter östlich sein fürchtet sich, wer keiner ist): “Selbst hier in Berlin, im tiefsten Osten, ist ja jetzt schon Süddeutschland wegen der ganzen Schwaben”. Der hoch-politische Kreisler hätte sich sicherlich auch über die (einzige) kleine textliche Anpassung in “Wenn nicht Liebe” bei der Zugabe diebisch gefreut, die auf das aktuelle Deutsch-Russische Verhältnis Bezug nimmt.
Der Abend wird lose durch Anekdoten aus Kreislers Leben zusammengehalten. Da wird berichtet, wie er Barbara kennen lernte, lange nachdem er das gleichnamige Lied geschrieben hatte. Auch seine Verbindung zu Sherri Jones wird erläutert. Das Spiel der Pianistin soll Kreisler dazu bewogen haben, gegen Ende seines Schaffens wieder zur Klassik zurückzukehren. Jones präsentiert zwei dieser Instrumentalstücke, die sich – obwohl sie in vielerlei Art und Weise wesentlich weniger eingängig sind als die gesungenen Kreisler-Werke – nahtlos in das Programm einfügen.
Es gibt kaum Kulissen. In manchen Szenen wird ein Bild als schwarz-weißer Scherenschnitt auf die Leinwand hinter der Bühne projeziert. Richter und Kreisler-Peters hantieren mit allerlei Requisiten, schlüpfen in verschiedene Kostüme und haben dabei sichtlich ihren Spaß.
Trotzdem liegt der Fokus immer auf der Musik und dem Text. Nichts lenkt davon ab. Alles, was sich die beiden zusätzlich haben einfallen zu lassen, dient nur als Vehikel um die Story der einzelnen Lieder besser erzählen zu können. Da hampelt Richter in “Ohnmächtiger Tango” als mörderischer Clown über die Bühne, singt Peters bei “Reeperbahn” mit Hamburger Akzent und sitzen die beiden im herrlichen Duett “Ein Abend zu Zweit” mit Bademänteln bekleidet nebeneinander.
Manche Lieder sind so hintereinander gesetzt, dass sie eine zusammenhängende Geschichte erzählen. So zum Beispiel “Immer wenn, immer dann” und “Bidla-buh”, bei denen einmal Kreisler-Peters als mörderische Frau und einmal Ilja Richter als serien-mordender Mann auftritt.
Neben der Liebe von Mann und Frau in allen ihren Facetten tauchen auch andere Formen der Liebe auf. So beispielsweise die Liebe zur Mutter in “Mütterlein”. Schließlich darf auch mit “Frühlingsmärchen” Kreislers Utopie nicht fehlen oder, wie Richter es ausdrückt, “Kreislers Liebe zur Welt, wie sie nicht ist, aber sein könnte”.
Alles in Allem bietet “Liebeslieder am Ultimo” hervorragende Unterhaltung mit drei gut aufgelegten und gut miteinander harmonierenden Künstlern.
Text: Julia Weber