25.07.2014
„Before Elvis there was nothing“, sagte einst John Lennon. Tatsächlich gab es davor schon eine ganze Menge, doch Elvis Presley revolutionierte die Musik. Einen Teil seiner Geschichte kann das Publikum im Rahmen der „Stars in Concert“-Reihe im Estrel Festival Center in Berlin erleben. Einen Teil nur, denn die Schattenseiten seines Künstlerlebens werden kaum gezeigt.
Es wird wenig geschauspielert in der Show, die sich „Elvis – Das Musical“ nennt. Der größte Teil des Erzählens wird von Manager Colonel Parker übernommen (alternierend Alexander Gregor und Ian Wood), der sich auf der Bühne meist mit einem Telefon bewaffnet mit Stimmen aus dem Off streiten darf und in dieser Produktion die einzige Figur mit Tiefe zu sein scheint.
Elvis-Darsteller Grahame Patrick spielt nicht, es sei denn man zählt kurze Einwürfe zwischen den Songs und einige Ausflüge ins Publikum als Schauspielerei. Stattdessen imitiert er den King of Rock’n’Roll nach bestem Wissen und Gewissen. Stimmlich gelingt ihm dies recht gut. In den Tiefen fehlt es ab und zu aber an Volumen. Patrick beschäftigt sich auch in seiner Freizeit mit Elvis, sammelt Bilder und Tonaufnahmen, um die Rolle immer weiter zu perfektionieren. Diese Arbeit ist deutlich spürbar.
Während bei Elvis selbst die Bewegungen eine instinktive Reaktion auf die Musik waren, ist bei Patrick alles abgezirkelt. Vom Hüftschwung bis zur charakteristisch abgewinkelten Hand wirkt alles ein bisschen zu sehr gewollt. Auch nimmt man ihm den jungen Elvis – der Fokus der Show liegt eindeutig auf den Anfängen von dessen Musikkarriere – nicht mehr vollständig ab. Trotzdem reißt Patrick das Publikum mit, was sicherlich auch der hervorragenden „Stars in Concert“-Band zu verdanken ist. Der Rock’n’Roll-Sound ist authentisch, was dazu führt, dass es einige der Zuschauer gegen Ende der Show nicht mehr auf den Stühlen hält.
Als Gimmick wurde „The Stamps Quartet“ engagiert, das Elvis in den letzten sechs Jahren seiner Karriere bei Konzerten unterstützte und mit denen er gemeinsam Gospelsongs sang. Ed Enoch, der einzige verbleibende Sänger aus der Originalbesetzung, zählt inzwischen über 70 Jahre. Auf die Frage hin, wie es gewesen sei, mit Elvis auf der Bühne zu stehen, antwortet er wenig überraschend: „Es war fantastisch.“
Allgemein fehlt es der Show „Elvis“ an Überraschungen. Produzent Bernhard Kurz arbeitet in seinen Shows stets nach einem bewährten Konzept, einer Mischung aus biografischen Szenen und Hits. Beim Zusammenstellen dieser Mischung stellt sich sicherlich immer wieder die Frage, ob es wichtiger ist, eine weitere Spielszene ins Stück zu bringen, oder stattdessen einen weiteren Song ins Programm zu nehmen. Bei „Elvis“ fiel die Wahl stets auf den Song – und so folgt Schlag auf Schlag „Heartbreak Hotel“auf „It’s allright, Mama“ und „Hound Dog“ auf „Devil in Disguise“. Dabei bleiben für Fans von Elvis‘ Musik keine Wünsche offen. Dadurch, dass das Gewicht stark in Richtung Musik verschoben ist, lässt
sich jedoch darüber streiten, ob es sich immer noch um ein Musical handelt. Die Karriere des King of Rock’n’Roll wird nur bis zu den Shows in Las Vegas verfolgt. Die Ehe mit seiner Frau Priscilla und die Geburt der Kinder wird mit einer Diashow im Hintergrund von „Love me Tender“ abgehandelt. Die Schattenseiten seines Lebens werden – abgesehen von einer 20 Sekunden langen Szene, in der Elvis vor den Las-Vegas-Shows mit dem Lampenfieber kämpft – nicht einmal angedeutet.
Was bleibt, ist ein unterhaltsamer Abend mit mitreißender Rock’n’Roll-Musik. Elvis-Fans wird die Show sicherlich begeistern, ein Biografie-Musical mit Tiefgang sollte man allerdings nicht erwarten.
Text: Julia Weber