Schon 2007 feierte die „SOAP“ im Chamäleon Theater Premiere. Nach einer Welttournee kommt die Show nun, in neuem Gewand, mit neuen Ideen und einer größeren Besetzung zurück nach Berlin und wird dort im Wintergarten aufgeführt. In eine kleine berlinerische Geschichte verpackt, die gut ins Vorabendprogramm eines Privatsenders passen würde, erlebt der Zuschauer jede Menge großartige Artistik und gute Musik (Regie: Markus Pabst & Maximilian Rambaek).
Immobilien-Hai Stonewood hat ein Haus im Kreuzberger Kiez gekauft und möchte dieses nun teuer an seine Klientel vermieten. Das Problem: Im Haus leben noch Menschen. Ein erster Versuch, diese zu vertreiben, indem er eine leerstehende Wohnung an eine Opernsängerin (Lina Navakaite) vermietet, scheitert jedoch. Das bunte Völkchen heißt die etwas exzentrische Diva mit offenen Armen willkommen und erträgt selbst die Variationen über die “Kreuzberger Nächte” von Rossini bis Lehar. Auch das Abstellen des warmen Wassers führt nicht zum erwünschten Ergebnis. Also schickt Stonewood seine Tochter Emily auf geheime Mission. Sie soll belastendes Material über die Mieter sammeln. Auch vor dem Versuch, das Haus durch Rattenbefall unbewohnbar zu machen, schreckt der Immobilienmakler nicht zurück. Doch das Nagetier im Keller (Ximena Ameri Cespedes) entdeckt ebenso wie Emily (Sarah Bowden) sein Herz für die schrägen Bewohner des Hauses.
Während Yoga-Lehrerin Costa Maria (Lena Ries) im Keller eine nicht angemeldete Yoga-Schule betreibt, Hausfrau Rita (Ludmila Nikolaeva) nicht nur das Chaos des Alltags mit vier Kindern jongliert und Playboy Francesco (Daniel Leo Stern) sich an sämtliche Damen im Haus – und Emily – heranmacht, ist Anwalt Ernst (Joseph Pinzon) tagsüber der aus dem Ei gepellte Anzugträger, der nachts jedoch in Frauenklamotten schlüpft. Der dauerbetrunkene Student Timmi (Anton Belyakov) und der Deutsch-Afrikaner Abiy Fikire (Adem Endris) komplettieren die Runde.
Die Story der „Seifen Oper“ ist schnell erzählt und plätschert meist eher flach und vorhersehbar dahin, widmet sich dem brandaktuellen Berliner Thema dabei jedoch mit viel Augenzwinkern und einer Menge Humor. Die Rahmenhandlung führt einmal mehr, einmal weniger reibungslos von Artistiknummer zu Gesangseinlage und zurück. Was jedoch musikalisch und akrobatisch dargeboten wird, bewegt sich auf höchstem Niveau.
Die rockige Musik, eigens für die Show komponiert von Jack Woodhead, erinnert an große Rockballaden, James Bond Filmmusik und geht sofort ins Ohr. Alles wird live gespielt. Die Band um Matt Voodoo hat sichtlich Spaß bei der Arbeit. Wer zwischendurch einmal kurz den Blick von der Hauptbühne abwendet und den fünf Musikern auf der kleinen Nebenbühne unter dem Schild „Stonewood Immobilien“ zusieht, wird sicherlich ein Grinsen kaum unterdrücken können.
Viele Elemente von “SOAP” wurden auch in die neue Show übernommen. Die Badewanne als “Swimming Pool der armen Leute” taucht in jeder Szene auf. Jeder Hausbewohner hat seine eigene Wanne, die auf unterschiedliche Art und Weise bespielt wird. Wasser ist ein zentrales Element. Meist sind die Einfälle – wie beispielsweise das “Percussion-Spucken” – immer wieder überraschend und neu. Durch die zeitliche Nähe der Handstand-Akrobatik von Belyakov Aerial Nummer von Stern tritt allerdings einmal eine ungewollte Effektwiederholung auf, wenn beide Herren mit nacktem Oberkörper und klatschnasser Hose ihr Können zeigen.
Ries‘ Contortion-Darbietung und die Aerial- und Handstandakrobatik-Einlagen von Stern, Belyakov und Pinzon sind bis zur Perfektion ausgefeilt und werden durch die hervorragende Lichttechnik noch unterstützt. Ein kleines Highlight ist aber auch das Duett von Tapdance (Bowden) und Jonglage (Endris).
Gesanglich sind sowohl Navakaite als auch Bowden grandios, auch wenn Navakaite zu Anfang der Show mit den Tücken der Technik und einem zu flach ausgesteuerten Mikrofon zu kämpfen hat. Das Duett der beiden “Fly Away” im zweiten Akt, bei dem sich Rockröhre und klassisch ausgebildete Stimme zu einem wundervollen Ganzen vereinen, hat Gänsehautfaktor.
Alles in Allem ist “Seifen Oper” eine Show voller großer Momente verpackt in eine kleine, nette, Berliner Geschichte, die gute Unterhaltung garantiert.
Text: Julia Weber