“Amadeus”, der Film von 1984 ist den meisten Menschen ein Begriff. Die Wenigsten wissen jedoch, dass der Spielfilm auf einem Theaterstück von Peter Shaffer beruht, das bereits 1979 in London uraufgeführt wurde. Dieses Theaterstück wird nun im Schlosspark Theater gespielt (Regie: Thomas Schendel) und verspricht spannende und mitreißende Unterhaltung mit sehr guten Schauspielern.
Salieris Musik ist in Vergessenheit geraten. 32 Jahre nach Mozarts Tod vegetiert der alte Mann in einer Anstalt vor sich hin und hadert mit Gott. In einem Rückblick erzählt er die Geschichte, wie er das junge Genie kennen und hassen lernte.
Das Bühnenbild (Bühne und Kostüm: Darya Kornysheva) ist schlicht aber effizient gehalten. Zwei sich drehende Stellwände, Projektionen und einige zeitgenössische Möbel reichen aus, um die einzelnen Schauplätze darzustellen.
Die Kostüme vom Justaucorps bis hin zur Kniebundhose sind nach Vorlagen aus der damaligen Zeit geschneidert. Hier und da werden Stoffe und Farben eingesetzt, die Ende des 18ten Jahrhunderts keine Verwendung gefunden hätten. Trotzdem wirkt alles stimmig. Salieris Garderobe ist durchweg dunkel gehalten. Mozart als sein schillernder Counterpart trägt über weite Strecken eine Jacke aus gelbem Samt.
Salieri (Marko Pustišek) bewegt sich durch die Szenen, halb als Conférencier, halb als aktive Figur, wendet sich mal direkt dem Publikum zu und wird dann wieder ganz Teil des Geschehens. Beim ersten Auftritt des Königs und seiner Höflinge beispielsweise verharren diese zunächst wie eingefroren, Puppen in einem dreidimensionalen Kunstwerk, während Salieri spitzzüngig ihre Charaktereigenschaften beschreibt.
Auftritt Mozart und Konstanze: Im Vergleich zum Film-Mozart wirkt Johann Fohl etwas erwachsener, füllt die Rolle mit einem ganz eigenen, besonderen Charme. Der Zuschauer kann nicht umhin diesen Wolfgang zu lieben, der da in einer Minute völlig kindisch herumalbert um sich im nächsten Augenblick, Missstände aufzeigend, mit der Obrigkeit anzulegen und in Teufels Küche zu bringen. Vom fröhlichen Geplänkel mit Kontanze über den sozialen Abstieg bis hin zum finalen Verfall während der Komposition der Zauberflöte und des Requiems spielt Fohl hervorragend. In keiner Sekunde wirkt seine Verzweiflung aufgesetzt, seine Albernheit bemüht.
Der Konflikt mit Leopold Mozart ist nachzuvollziehen, ohne dass der gestrenge Vater auch nur einmal die Bühne betritt.
Katharina Schlothauer spielt Mozarts Gattin Constanze als starke, selbstbewusste Frau, die genau weiß, was sie will. Ihr Verhältnis zu Wolfgang wird besonders in den Streitszenen deutlich und lässt sich am Besten beschreiben als die Liebe Zweier die ohne einander nicht können, im Miteinander aber permanent aneinander stoßen.
Pustišek hat es als Salieri nicht leicht. Gerade am Ende des ersten Akts, als Salieri sich von Gott verraten glaubt und daraufhin beschließt, sich an diesem zu rächen, indem er dessen Geschöpf Mozart in die Knie zwingt, wird die Tiefe seines Glaubens und der daraus entstehenden Erschütterung nicht völlig klar.
In den Nebenrollen glänzen Oliver Nitsche als Kaiser Josef, Harald Effenberg als verklemmter Graf Strack, Harald Heinz als Graf Rosenberg und Oliver Dupont als Baron van Swieten. In den Szenen, in denen Mozarts freigeistiges Denken auf deren eingefahrene Muster trifft, macht das Stück großen Spaß: So etwa in der Diskussion um die Entführung aus dem Serail, in der sich die Darsteller zwischen den rotierenden Trennwänden bewegen – eine geschickte Darstellung einer Konversation in den weitläufigen Gängen der kaiserlichen Residenz.
Das Ensemble vervollständigen Daniel Montoya und Maria Steurich als Salieris Spione in Wien sowie als Ärzte in der Irrenanstalt. Wie der Chor der griechischen Tragödie berichten sie von jenen Dingen, die sich außerhalb der Bühnenhandlung ereignen. Maskiert und gesichtslos sind sie weniger konkrete Figuren als Metaphern für die Wiener Gesellschaft.
An den entsprechenden Stellen im Stück erklingt immer wieder die Musik, die Mozart zu jener Zeit komponierte. Nicht nur in den Passagen, in denen Mozart – vor der Bühne mit dem Gesicht zum Publikum stehend – sein Orchester dirigiert, unterstreicht diese das Geschehen. Zum Großteil ist es gelungen, die Kompositionen so geschickt in die Handlung einzuweben, dass sie als natürlicher Bestandteil des Gesamtbildes wahrgenommen werden. Lediglich an zwei Stellen bricht die Musik etwas zu plötzlich mitten im Takt ab und hinterlässt eine kurzfristig verwirrende Stille.
Insgesamt ist “Amadeus” hervorragend gespieltes Theater mit liebenswerten Figuren und großartigen Darstellern: Mitreißend und spanend bis zur letzten Minute.
Text: Julia Weber