Kolumne Neue Medien – Verliebt in „Mozart in the Jungle“

In der neuen Sparte „Kolumne Neue Medien“ geht es um Filme, Serien, CDs und Internetphänomene die sich mit Musik, Theater, Kunst und Kultur beschäftigen. Frei von der Leber weg geschrieben ist dies der Platz für spontane Wutausbrüche und subjektive Lobeshymnen.

Eine Freundin gab mir vor wenigen Wochen den Tipp, mir „Mozart in the Jungle“ anzusehen. Tatsächlich war mir die Serie bereits vorher aufgefallen, allerdings hatte mich die von Amazon bereitgestellte Zusammenfassung nicht überzeugt.

Einige der besten Buch-, Film- und Serienentdeckungen meines Lebens verdanke ich jedoch Freunden und daher beschloss ich, der Serie eine Chance zu geben.

Also schlüpfte ich eines Abends in meine Jogginghose, machte mir einen Tee und startete die Pilotfolge. Nach zehn Minuten hatte ich ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Nach zwanzig Minuten hatte ich meinen Tee vergessen. Am Ende schaute ich an diesem ersten Abend vier Folgen am Stück.

„Mozart in the Jungle“ beruht auf dem biographischen Roman „Mozart in the Jungle: Sex, Drugs and Classical Music“ von Oboistin Blair Tindall, die darin ihre Erlebnisse mit den New Yorker Philharmonikern verarbeitete. Ich habe das Buch nicht gelesen und kann daher nicht beurteilen, wie sehr die Serie von der ursprünglichen Geschichte abweicht. Dass hier viele Informationen aus „erster Hand“ verwendet wurden, ist jedoch spürbar.

Erzählt werden Geschichten rund um das fiktive New York Symphony Orchestra, wobei die Serie insbesondere Oboistin Hailey Rutledge und Dirigent Rodrigo De Souza folgt. „Mozart in the Jungle“ thematisiert das Musikerleben mit all seinen – finanziellen, psychischen und physischen – Herausforderungen: Die Musik als Lebensentwurf, die Musik als Muse, als Rettung und als Fluch.

Als langjährige Orchestermusikerin – wenn auch nur im Laienorchester, vom Berufsmusikerdasein bin ich weit entfernt – kannte ich die meisten in der Serie verwendeten Musikstücke, habe nicht wenige davon selbst schon gespielt, was sicherlich zu meiner Begeisterung beigetragen hat. In „Mozart in the Jungle“ ist die Musik eine unsichtbare Figur, die immer mit dabei ist, stets das Geschehen mitverfolgt, und die kleinen und größeren Dramen der Figuren miterlebt und spiegelt. Sie ist nie nur Soundtrack, sondern trägt stets einen Teil zur Geschichte bei, vermittelt und vertieft Emotionen – bis zu dem Punkt, wo man als Zuschauer plötzlich weinend vorm Bildschirm sitzt. Gut, wenn man immer eine Tasse Tee zur Hand hat, damit man den Flüssigkeitshaushalt wieder ausgleichen kann.

Die Figuren sind liebevoll gezeichnet. Kein einziger Charakter wirkt eindimensional. Sie alle haben Ecken und Kanten, sind ein wenig verrückt, ein wenig speziell, ein wenig seltsam – und dadurch umso liebenswerter. Sie wachsen einem Stück für Stück, Folge um Folge, ans Herz, werden Bekannte und Freunde, die man gern hat, gerade weil sie ein bisschen schräg sind.

Inzwischen bin ich irgendwo in der Mitte von Staffel drei angelangt und bin vollkommen verliebt in diese Serie, weil sie die Liebe zur Musik und auch das Seelenleben jener Menschen, die sich der Musik verschrieben haben, auf wunderbare Weise einfängt und wiederspiegelt.

Einige Filme, unter anderem „August Rush“ (im Deutschen „Der Klang des Herzens“) haben einen ähnlichen Subtext, doch bisher kannte ich schlichtweg keine Serie, die so sehr auf Musik fokussiert war. „Mozart in the Jungle“ ist in gewisser Weise ein gewagtes Unterfangen. Der Mikrokosmos des Orchesters ist vielen Menschen fremd, ebenso wie das Empfinden und die Denkweise der Musiker. Dass die Serie trotzdem inzwischen in die vierte Staffel geht, spricht dafür, dass sie trotzdem etwas richtig macht.

Ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf meinen nächsten freien Abend mit meiner Tasse Tee, und „Mozart in the Jungle“.

Text: Julia Weber

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