Schmissig – „I Am From Austria“ im Raimund Theater Wien

Wien feiert sich oft und gerne selbst. So auch im Musical “I Am From Austria” (Buch: Titus Hoffmann, Regie: Andreas Gergen). Das Jukebox Stück mit den Songs von Rainhard Fendrich, das im Winter 2017 Premiere feierte und seitdem in der österreichischen Hauptstadt zum Dauerbrenner avancierte, ist dabei ab und an ein wenig rührselig und vorhersehbar, aber nie kitschig und immer mitreißend.

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Foto: ©VBW – Gregor Buchhaus

Der Vorhang hebt sich und dem Zuschauer präsentiert sich das Hotel “Edler” in seiner ganzen rot-weißen Pracht. Als Anspielung auf die “Konkurrenz” des Hotel Sacher gibt es hier nicht nur die berühmte Edler Torte sondern das ganze Hotel sieht aus wie ein riesiger mehrstöckiger Kuchen. Das Familienunternehmen regiert von Frau Edler (Elisabeth Engstler) ist bemüht um Tradition. Die Ideen des Sohnemannes Josi (Oliver Arno), der einen Fitnessraum eröffnen möchte und bemängelt, dass das Edler immer noch keine Facebook-Präsenz hat, erscheinen ihr als jugendlicher Leichtsinn.

Der Wiener Opernball steht kurz bevor und als der neue Hotelpage (Matthias Trattner) twittert, dass die aus Österreich stammende Hollywood-Schauspielerin Emma Carter im Hotel Edler unterkommen wird, fällt gleich die gesamte Schickeria der Stadt samt Presse ins Foyer ein. Carter (Iréna Flury) soll sich im Rahmen des Balles gemeinsam mit Fußballer Pablo García als neues Traumpaar präsentieren, freundet sich aber stattdessen mit Josi an, der sie ins nächtliche Wien entführt.

Sie erzählt ihm, wie sie vom österreichischen Mauerblümchen zum Star wurde und Josi weiht sie im Gegenzug in sein größtes Geheimnis ein: Dass er heimlich das im Hotel übrig gebliebene Essen an die Obdachlosen in Wien verteilt.

Die Paparazzi auf den Fersen flüchten die Beiden schließlich mit etwas Hilfe von Concierge Elfie Schratt (Dolores Schmidinger) in die Berge und verbringen eine Nacht in der Skihütte von Carters Familie. Doch die Idylle währt nicht lang.

“I am From Austria” ist das perfekte seicht-romantische Freitagabend-Familienkino in Musicalform. Dass das Stück dabei nie albern wird, ist zum einen den schmissigen Songs und zum anderen der sichtlichen Spielfreude des Ensembles geschuldet. Besonders Dolores Schmidinger sorgt in ihrer Rolle für zahlreiche Lacher, wenn sie von vergangenen Eroberungen erzählt, dem Pagen Tanzunterricht gibt oder einmal mehr durch ihren beherzten Einsatz bei der Eröffnung des Fitnesscenters mit “Es lebe der Sport!” den Tag rettet. Während der Fokus klar auf Emmas und Josis Liebesgeschichte liegt, sind es die herzig und lebendig gezeichneten Nebenfiguren, die die Story bereichern und das Musical zu einem bunten Feuerwerk werden lassen. Sei es der in der Midlife Crisis steckende Herr Edler (Andreas Steppan) oder Page Felix, der das von Josi geborgte Auto prompt gegen einen Baum setzt und den Verlust mit “Zweierbeziehung” beweint. All die kleinen Nebenschauplätze machen “I Am From Austria” zu einem bunten Potpourri, das in keiner Minute langweilig wird.

Doch auch die Romanze ist niedlich anzuschauen. Flury und Arno harmonieren stimmlich hervorragend miteinander und spätestens als sie sich in der Edler Patisserie “Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk” entgegen singen, wünscht man ihnen ihr Happy-End.

Das extravagante Bühnenbild – vom Helikopter der auf einem Berggipfel landet bis hin zur abgeranzten Dachgeschosswohnung ist wirklich alles dabei – und die stimmigen Kostüme tun ihr Übriges (Bühne: Stephan Prattes, Kostüm: Uta Loher und Conny Lüders). Abgerundet wird das Ganze von einer Reihe von beeindruckenden Showtanz-Nummern (Choreographie: Kim Duddy), die an die Musicals der 50er Jahre erinnern. An Ideenreichtum mangelt es hier definitiv nicht: Es gibt tanzende Barbiepuppen, singende “Edler”-Torten und – beim Opernball – lebensgroße Pappaufsteller der Österreichischen Prominenz von Christoph Waltz bis Conchita Wurst zu bestaunen.

Auch wenn “I Am From Austria” eine ganze Menge Klischees bedient: Das Musical bietet hervorragende Unterhaltung mit Mitklatsch-Potential und das definitiv nicht nur für Rainhard Fendrich Fans.

Text: Julia Weber

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