“Falco – Das Musical” tourt erneut durch Deutschland und stellt die Frage: Wer war dieser Typ eigentlich, dessen Musik tatsächlich auch heute noch mitreißt, begeistert, zeitlos die Jahre überdauert zu haben scheint? Wer war Falco?

Foto: Karin Haselsteiner
Ein alter Fernseher wird auf eine Leinwand projiziert. Ausschnitte aus diversen Interviews mit Falco werden eingeblendet, Ausschnitte, die bereits erkennen lassen, dass dieser Mensch nicht einfach war. In einer Art Prolog streiten sich seine beiden Musen, wer für seinen Tod verantwortlich sei und entführen den Zuschauer in die Welt des “Falco Superstar”.
Es ist über 20 Jahre her seit Johann Hölzel alias Falco bei einem Autounfall ums Leben kam. Doch seine Musik überlebte, ebenso wie die Legende um den exzentrischen Typen mit der Sonnenbrille, der sich selbst zum größten Feind hatte. “Falco – Das Musical” (Regie: Peter Rein, Stefan Warmuth) verbindet beides miteinander. Die größten Hits von Falco werden umrahmt von einer etwas mystisch angehauchten Biographie des Künstlers, durch die uns sein Manager Horst Bork (Sebastian Achilles) führt.
Beginnend bei dessen Besuch eines Drahdiwaberl Konzerts über Falcos Vertragsunterzeichnung und seinen Mega-Hit “Rock Me Amadeus” bis hin zum Bruch und Falcos Flucht in die Dominikanische Republik nimmt er die Zuschauer an die Hand. Dabei gibt es Einblicke in die tiefsten Abgründe Facos aber auch Anekdötchen zum Schmunzeln wie etwa die Tatsache, dass man am Set des “Rock Me Amadeus” Drehs die hygienischen Zustände des 18ten Jahrhunderts nachvollziehen konnte, nachdem die gesamte Besetzung stundenlang auf den Star warten musste. Bork selbst war beteiligt an der Musicalproduktion und einige der besagten Anekdoten dürften jenen, die seine Falco-Biographie einmal in der Hand gehalten haben, bekannt vorkommen. Ebenso sollte ihnen auffallen, dass das Stück in der Szene in Falcos Garderobe impliziert, der Sänger habe tatsächlich selbst getextet, was für die meisten Songs allerdings nicht zutreffend ist, die von ihm lediglich einem “Falconizing” unterzogen wurden.
“Falco – Das Musical” erzählt die Geschichte etwas anders als die klassische Biographie. Hier gibt es eine Meta-Ebene in der die beiden Kunstfiguren Ana-Conda (Stefanie Kock) und Jeanny um die Gunst Falcos ringen. Die dämonische Domina Ana-Conda, sexy und verführerisch, steht für seine Eskapaden, das Rockstar-Leben, den Alkohol- und Drogen-Exzess. Die blonde, engelshafte Jeanny (Julia Fechter) hingegen steht für die Seite von Falco die sich Zeit seines Lebens nach einem “normalen Leben”, nach einer Familie und einer gewissen Stabilität sehnte. Im Laufe der Zeit gewinnt Ana-Conda immer mehr an Einfluss. Am Ende des zweiten Aktes werben beide in “Tanz Mephisto” um die Gunst des Künstlers, der sich am Ende für den Exzess und gegen Jeanny entscheidet.
Der “Jeanny”-Skandal ist zentraler Bestandteil des zweiten Aktes. Die Szene zwischen Bork und Falco, in der Falco verkündet “ich bring sie um” basiert jedoch – anders als andere Dialoge – nicht auf Tatsachen. Der legendäre Auftritt beim Donauinselfest fehlt ebenso wenig wie Falcos letzter Anruf und auch musikalisch wird kein bekannter Hit ausgelassen.
Alexander Kerbst gibt dabei einen in Stimme, Gestik und Mimik fast perfekt original wirkenden Falco, dem lediglich hier und da ein wenig der Wiener Akzent entgleitet. Er spielt die Rolle mit so viel Begeisterung und Liebe zum Detail, dass man ihm jede Emotion, jede Gefühlsschwankung des Sängers ohne mit der Wimper zu zucken abkauft.
Das Bühnenbild ist karg gehalten. Zwei Treppen, die nach Bedarf zusammengeschoben werden und ein Garderobenspiegel sind zentrale Elemente. Licht und Projektionen sorgen für die angemessene Stimmung.
Die Live-Band, die zeitweise mit auf der Bühne steht, sprüht vor Energie und reißt das Publikum mit während eine herausragende Tanzcrew (Choreographie: Amy Share-Kissiov) mit einem bunten Stilmix vom klassischen Ballett bis hin zum Streetdance begeistert.
Ein wirklich klares Bild von Falcos Psyche zu zeichnen ist im Rahmen eines Musicals kaum möglich. Seine enge Verbundenheit zu seiner Mutter wird nur kurz angeschnitten, ebenso wie seine Obsession mit der Vorstellung der einzige Überlebende von Drillingen zu sein. Alles in allem schafft es “Falco – Das Musical” jedoch, uns den Künstler Falco und den Menschen Johann Hölzel ein wenig näher zu bringen und ihn gleichzeitig mit seiner großartigen, fetzigen Musik ordentlich zu feiern.
Text: Julia Weber